Wednesday 5 December 2012

CYP - CENTRE FOR YOUNG PROFESSIONALS



Am Mittwoch den 21. November durften wir (PHTG SEK II Studenten) als Teil unseres Berufspädagogikmoduls das CYP (Centre for Young Professionals) in Zürich besuchen. Hier absolvieren Lernende an den Beruffachschulen ihre überbetrieblichen Kurse. Als Berufsschullehrperson war es hoch spannend zu sehen was - und auch wie - ‚unsere’ Schüler hier – an ihrem dritten Ausbildungsort - lernen. 

In Bezug auf unsere Erfahrungen an der CYP möchte ich nun die untengestellte Frage diskutieren:

Wenn sich Berufspädagogik von der allgemeinen Pädagogik hauptsächlich unterscheidet durch ihre konstitutive Verknüpfung mit der Arbeitswelt und der beruflichen Praxis, wo würdest du denn Unterschiede festestellen aus didaktisch/pädagogischer Sicht gegenüber dem Gymnasium? Und welche didaktisch-pädagogischen Ansätze (aus heutiger wissenschaftlicher Sicht) unterscheiden sich deiner Meinung nach nicht gross. Begründe deine differenzierten Gegenüberstellungen.

Es muss unbedingt betont werden, dass das CYP nur in Verbindung mit den überbetrieblichen Kurse der Bankenlehrlinge eine Rolle spielt und also auf gar keinen Fall als representativ für alle Berufsbildungen in der Schweiz gesehen werden kann. Die Berufsbildung schliesst bekanntlicher Weise drei Ausbildungsorte mit ein, - die Beruffachschule, den Betrieb und die Ausbildungsintanz der überbetrieblichen Kurse. Nichtsdestotrotz beziehe ich mich für diesen Vergleich zwischen Berufspädagogik und Gymnasialpädagogik auf das CYP und ihr Bildungskonzept wohlwissend, dass dies nur eine Tendenz zeigen kann und niemals das ganze Bild. Auch die Gymnasien fallen hier möglicherweise ein wenig einseitig aus, zumal ich mich für diesen Vergleich auf die Maturitätsschulen im Thurgau und ihren Rahmenlehrplan konzentriert habe.


BILDUNGSZIELE
Wenn wir die Grobziele der Bildung in den zwei Instanzen anschauen, sieht man schon die ersten Unterschiede. Wo das CYP das oberste Bildungsziel fest mit den beruflichen, praktischen Kompetenzen verbindet, lernt man an den Kantonsschulen eher wie man am besten lernt.

Im CYP-Bildungskonzept heisst es:
Als oberstes Ziel wurde deklariert, dass der Lernende seinen Lernprozess selbstständig und eigenverantwortlich gestaltet, um für die Herausforderungen der Berufswelt bestens vorbereitet zu sein. (CYP-Bildungskonzept, S.5 / für den Link bitte auf der Seite runterscrollen und auf PDF-Datei clicken)

In der Maturitäts-Anerkennungsverordnung (MAV - öffnet dazu das PDF-Datei) wird wie folgt argumentiert:
Ziel der Maturitätsschulen ist es, Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf ein lebenslanges Lernen grundlegende Kenntnisse zu vermitteln sowie ihre geistige Offenheit und die Fähigkeit zum selbständigen Urteilen zu fördern. Die Schulen streben eine breit gefächerte, ausgewogene und kohärente Bildung an, nicht aber eine fachspezifische oder berufliche Ausbildung. (MAV, Seite 2)

UNTERRICHTSGESTALTUNG UND METHODEN
Inhaltlich gesehen sind viele didaktisch-pädagogische Ansätze in der Bildung meiner Meinung nach sowohl für die Berufsmaturanden wie auch für die Gymnasialschüler und – Schülerinnen geleichermassen von Bedeutung. Ich denke da beispielsweise an die Kompetenzorientierung, die im heutigen Unterricht grosses Gewicht beigemessen wird, sowohl was Fach- und Methodenkompetenzen anbelangt als auch die Personal- und Sozialkompetenzen. Zusätzlich wird in der heutigen Didaktik auf die Handlungsorientierung grosses Wert gelegt und auch auf die individuelle Förderung mit Rücksicht auf die verschiedenen Lerntypen (vgl. Gardner). Des Weiteren werden die konstruktivistischen Prinzipien von Kersten Reich, mit individueller Wahlfreiheit und selbst-konstruiertes Wissen heute gross geschrieben. Vernetztes Lernen ist auch selbstverständlich und heute nicht mehr weg zu denken. Man könnte die Liste noch viel, viel weiter führen....  

Wo aber CYP diese didaktisch-pädagogische Ansätze klar und deutlich in ihrem Bildungskonzept integriert und im Detail beschreibt (vgl. dazu CYP Bildungskonzept), ist MAV und auch die kantonalen Rahmenlehrpläne für Maturitätsschulen viel weniger spezifisch. Es wird zwar betont, dass die Maturanden fähig sein sollen sich den Zugang zu neuem Wissen zu erschliessen, ihre Neugier, ihre Vorstellungskraft und ihre Kommunikationsfähigkeit zu entfalten sowie allein und in Gruppen zu arbeiten. Sie sind nicht nur gewohnt, logisch zu denken und zu abstrahieren, sondern haben auch Übung im intuitiven, analogen und vernetzen Denken. Sie haben somit Einsicht in die Methodik wissenschaftlicher Arbeit. (Rahmenlehrplan für die Thurgauer Maturitätsschulen, S.5). Genau wie dies von statten gehen soll, ist aber nicht definiert. Es heisst einzig: Bildung ist ein dynamischer Vorgang, bei dem nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Wege und die begleitenden Impulse wichtig sind. Die Schulen bemühen sich mit Hilfe von sachgemässer Lehr – und Lernmethoden um eine zielgerichten Unterricht. (Rahmenlehrplan für die Thurgauer Maturitätsschulen, S.6)

Gemäss Interview mit Frau Kuhn-Senn an unserem Besuchstag führen CYP exact ähnliche, wohldurchdachte, erprobte und vorgeschreibene Unterrichtssequenzen gleichzeitig an allen 12 CYP Ausbildungszentren in der ganzen Schweiz durch. Den Gymnasiallehrpersonen wird sehr viel mehr Freiraum und Individualität in der Gestalung ihren Unterricht eingeräumt. Ob hier also tatsächlich an den gezielten Fähigkeiten gearbeitet wird, hängt zu einem grossen Teil von den Lehrpersonen selber ab. In der CYP sind die Vorgaben so genau gegeben, dass es für Freiräume fast keinen Platz hat.

FACH – UND ANDERE KOMPETENZEN
Wo auf den Gymnasien traditionell die Fachkompetenzen in Vordergrund stehen (- gute Schüler = vieles Lernen /vieles Auswendiglernen = gute Ausbildung) (ThurgauerRahmenlehrplan der Maturitätsschulen, S.5), werden auf den Beruffachschulen vermehrt Gewicht auf die Personal- und Sozial-Kompetenzen gelegt. Das CYP-Bildungskonzept begründet diesen Fokus damit, dass heutzutage die beruflichen Inhalte sich sehr schnell ändern können. Somit bringt uns ‚altes’ Wissen nicht sehr viel weiter. Was wir heute in der Berufswelt benötigen, ist viel mehr Kompetenzen die uns die Fähigkeit gibt, selbstständig für neue beruflichen Inhalte erfolgreiche Vorgehensstrategien zu entwicklen (CYP-Bildungskonzept S.2).

Des Weiteren besagt das CYP-Bildungskonzept (S.24):
dass ein Wissen, dass nur auswendig gelernt wird, nicht in seiner Bedeutung wirklich erfasst und in späteren Situationen nicht wirklich verarbeitet und auf neue Fälle transferiert werden kann.

So müssen die Lernende am CYP für ihren eigenen Unterricht aktiv werden und nicht nur auswendig lernen. Sie müssen beispielsweise ihre Unterrichtstage selber organisieren. Sie müssen vorgängig zum Präsenzunterricht Stoff behandeln und eine Vorprüfung darüber ablegen. Am Präsenztag müssen sie selbstorganisiert zum Tagungsort reisen. Nachträglich müssen die Lernende sicherstellen, dass sie die Nachprüfung innert der vorgegebenen Frist absolvieren. Es werden also an sie hohe Ansprüche gestellt.

Diese hohen Ansprüche sind fest eingebaute Teile des Lernens. Die Schüler üben – sozusagen nebenbei – die Personalkompetenzen. Die äusseren Rahmenbedingungen helfen mit das Erlernen der Selbstkompetenzen zu fördern. Dieses Aspekt ist bei den Gymnasialschülern sehr wenig bis gar nicht vor Handen.

Die Frage der Divergenz zwischen Berufs- und Gymnasialpädagogik ist also nicht unbedingt eine Frage der didaktisch-pädagogischen Bildungsmethoden, sondern viel mehr eine Frage der äusseren Rahmenbedingungen, was sich wiederum in den didaktischen-pädagogischen Bildungsinhalten wiederspiegelt. 

Abschliessend möchte ich gerne sagen, dass mein Besuch an CYP mir sehr imponiert hat, - die Professionalität, die Klarheit der vorgegebene 140 Lernziele, das Blended Learning mit den Tablets, die Unterrichtssequenzen mit drei Coaches und Trainers für eine Gruppe, die Lokalitäten... Ich würde hier ganz gerne Schülerin sein!!

Als Lehrperson würde ich aber viel lieber an einer Kantonsschule arbeiten, da ich dort den Unterricht freier und kreativer gestalten könnte

Ich danke für die einzigartige Erfahrung!!




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